Beitrag von Eva Marie Heimers, zweites Jahr Deutsch-Französisches Doktorandenprogramm Auf den Spuren des Mittelalters inmitten der Stadt. Das Pariser Frühlingsatelier auf einem Streifzug durch die Jahrhunderte
Vom 2. bis 4. April 2025 fand in Paris das biannuelle dreitägige Atelier des deutschfranzösischen Studiengangs und PhD-Tracks in Zusammenarbeit der Universität Heidelberg und der EHESS Paris statt. Das Programm bot Raum für fachlichen Austausch, vertiefende Diskussionen und gemeinsame Reflexion über laufende Promotionsprojekte. Begleitet wurde das Atelier von strahlend schönem Frühlingswetter, das zum Austausch in Parks und Spaziergängen durch die Stadt einlud. Der inspirierende Austausch wurde durch das freundschaftliche Miteinander und die gemeinsame Zeit vor Ort getragen.
Das Atelier begann am Mittwoch mit einem informellen Kaffeeempfang, der Gelegenheit zum Wiedersehen, Kennenlernen und zur Vernetzung bot. Auch interessierte externe Gäste waren anwesend – ein erfreuliches Zeichen dafür, dass das Programm weiter an Interesse gewinnt. Im Anschluss stellten mehrere Promovierende aus dem ersten Jahr (M1) ihre Forschungsprojekte vor. Iason Thiele (M1) stellte sein Projekt zu den sermones ad diversa des Franziskaners Juan Gil de Zamora im XIII. Jahrhundert vor, in dem er sich den Moralverstellungen widmet und deren Lehren für die Mächtigen herausarbeiten wird. Er befasst sich hier mit Manuskripten und wird eine Edition erstellen. Éline Fleuret (M1) stellte ihr Projet zu weiblicher Erfahrung und Selbstdarstellung in Briefwechseln der La Trémoïlle Familie dar, anhand der Frauen, die ins Ausland verheiratet wurden. Emily Hatzenberger (M1) sprach in ihrem Vortrag über ihre Recherchen zu den Leuna-Werken und der Energiegeschichte der Erdölförderung in der DDR in den Jahren 1960 bis 1989. Schließlich präsentierte Johanna Büttner (M1) ihre Forschung zu dem französischen Religionsstreit und dessen Wahrnehmung durch die Lutheraner im Heiligen Römischen Reich, anhand von Flugblättern (1562–1575).
Der zweite Tag begann mit einer geführten Tour durch den Tour Jean sans Peur. Die Führung thematisierte das Hygieneverständnis im Mittelalter – mit spannenden Einblicken in den Alltag der damaligen Zeit. Entgegen gängiger Vorstellungen gehörte das Händewaschen bereits zur alltäglichen, oft ritualisierten Praxis, etwa vor und nach dem Essen. Zwar verfügten mittelalterliche Haushalte nicht über Badezimmer im modernen Sinne, jedoch war ein bewegliches Handwaschbecken – bestehend aus einem Krug oder einer Kanne und einem Becken – üblich, das von Raum zu Raum transportiert werden konnte. Besonders eindrucksvoll: Der Tour Jean sans Peur verfügte bereits über beheizte Toilettenanlagen, ein bemerkenswerter Hinweis auf den hohen Anspruch an Komfort und Funktionalität im spätmittelalterlichen Adel. Auch die kunstvoll gearbeitete voûte mit ineinanderwachsenden Bäumen, die auch Teil der Signien Jean sans Peurs waren, war ein Glanzstück mittelalterlicher Architektur. Ein besonderer Dank gilt Agnès Lavoye, deren fachkundige und lebendige Führung die Teilnehmenden in das späte Mittelalter entführte. Für Interessierte sei auf einen Radiobeitrag des Teams vom Tour Jean sans Peur hingewiesen:
Nach einer Mittagspause im Sonnenschein und einem kurzen Spaziergang zurück zur EHESS am Boulevard Raspail, ging es weiter mit den Projektvorstellungen der Masteranden im ersten Jahr.So stellte Léa Delautel ihr Projekt zu den Erlebnissen ziviler Insassen in den Triagecamps in Frankreich im 1. Weltkrieg vor, besonderes Augenmerk liegt hier auf deren Organisation und Wahrnehmung. David Weiß präsentierte seine Forschung zu den neuen organisierten Sportmöglichkeiten für Kriegsversehrte in Baden-Baden nach dem Zweiten Weltkrieg Schließlich legte Kim Gallioz (M1) seine Analyse zu der neuen Rechten in der DDR (19641990) mit Fokus auf deren Ideologie, Netzwerke und Selbstdarstellung dar. Im Anschluss diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Thematik von Hygiene und Wissenstransfer zwischen Orient und Okzident, inspiriert durch die Eindrücke der Exkursion und vorbereitete Texte. Den Tag ließ die Gruppe bei einem gemeinsamen Abendessen in der Villa Medici da Napoli ausklingen. Bei angenehmer Atmosphäre und gutem Essen konnte man den informellen Austausch weiterführen und den warmen Frühlingsabend genießen.
Nach einer kurzen Stärkung mit Kaffee und Croissants ging es zum letzten Vortrag des Ateliers. Eva Marie Heimers (D2) präsentierte die Fortschritte ihrer Dissertation zu frühmittelalterlichen Frauenvisionen und deren Edition. Zum Abschluss des Ateliers fand eine offene Feedbackrunde statt, in der das Programm gemeinsam reflektiert wurde. Im Anschluss lud HEIPAR zum gemeinsamen Mittagessen, bei dem auch Alumni des Programms anwesend waren und sich in die Gespräche einbrachten – ein schöner Abschluss für ein inhaltlich wie persönlich bereicherndes Atelier.
Danksagung
Ein herzliches Dankeschön gilt wie immer allen Programmverantwortlichen, Fachkoordinatoren, Organisatoren und Mitwirkenden: Thomas Maissen, Florian Pfeiffer, Damian Domke, Emmanuel Saint-Fuscien, Julien Blanc und Jean-Hugo Ihl. Auch Agnès Lavoye vom Tour Jean Sans Peur sei herzlich gedankt!
Das nächste Atelier des Master- und Doktorandenprogramms wird in Heidelberg vom 18. bis zum 20. Dezember 2025 stattfinden.




