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Was ist Antiziganismusforschung?

Sinti und Roma zählen zu den größten Minderheiten in einem gesellschaftlich vielfältigen Europa. Doch sind Angehörige dieser Communitys massiven Diskriminierungen ausgesetzt. Diese beruhen auf einer anhaltenden Stigmatisierung, die eine lange, bisher wenig beachtete, dabei aber heute noch wirkmächtige Geschichte aufweist. Von Vorurteilen geleitete Einstellungsmuster und daraus resultierende Exklusionsmechanismen richten sich nicht nur gegen Sinti und Roma, sondern auch gegen andere soziale Gruppen, die als „Zigeuner“ wahrgenommen und als fundamental „Andere“ konstruiert werden. Diese Prozesse historisch fundiert zu untersuchen, ist eine Aufgabe von großer wissenschaftlicher und gesellschaftspolitischer Dringlichkeit. Die Antiziganismusforschung ist ein noch junges, interdisziplinär ausgerichtetes Forschungsfeld, das sich vor allem nach der Jahrtausendwende dynamisch entwickelt hat.


Fortlaufend findet ein kritischer Diskurs hinsichtlich zentraler Begrifflichkeiten statt; dies gilt auch für den Terminus „Antiziganismus“ selbst, der erst seit jüngerer Zeit in der Forschung verankert ist. Der Begriff umfasst sowohl mehrheitsgesellschaftlich konstruierte Bilder und negative Stereotype als auch die daraus hervorgehenden Praktiken der Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung bis hin zum Völkermord unter dem NS-Regime. Die Wirkungsweise von Antiziganismus liegt in einer Homogenisierung, Stigmatisierung und Abwertung der betroffenen Individuen mittels Zuschreibung insbesondere devianter, vormoderner oder archaischer Eigenschaften, teils auch in romantisch-verklärender Form. Zu den Folgen für die davon Betroffenen zählen gesellschaftliche, staatliche und institutionelle Benachteiligung in Bereichen wie Bildung, Arbeit, Gesundheit und Wohnen bis hin zu physischer Gewalt.